Offene und Polyamore Beziehungen - Was sagt die Forschung?
Offene und polyamore Beziehungen sind längst mehr als ein Nischenthema – doch wie wirken sie sich wirklich auf Psyche, Zufriedenheit und Gesellschaft aus? Dieser Beitrag fasst die wichtigsten Forschungsergebnisse seit 2015 zusammen: von psychologischer Stabilität über Vorurteile bis hin zur Beziehungsdauer. Mit vielen Studien-Links, klaren Fakten und überraschenden Einblicken in die Welt der konsensuellen Nicht-Monogamie.
Gianna Lippuner
5/8/20241 min read
Offene & Polyamore Beziehungen: Was sagt die Forschung seit 2015?
Nicht-monogame Beziehungsformen wie offene Beziehungen und Polyamorie gewinnen an Sichtbarkeit – auch in der Wissenschaft. Hier ein Überblick über zentrale Erkenntnisse:
Psychologische Aspekte
Wohlbefinden & mentale Gesundheit
Keine Hinweise, dass CNM (consensual non-monogamy) das psychische Wohlbefinden mindert.
Eröffnung der Beziehung kann sexuelle Zufriedenheit steigern, insbesondere bei sexueller Inkompatibilität.
🔗 Studie Joel et al., 2020 – SPPS
Eifersucht & Emotionen
CNM-Personen erleben Eifersucht nicht intensiver als Monogame.
"Compersion" (Mitfreude über die Freude des Partners mit anderen) tritt häufiger bei:
transparenter Kommunikation,
gutem Verhältnis zum Metamour (Partner des Partners),
sicherer Bindung.
Persönlichkeitsmerkmale
Polyamore zeigen mehr Offenheit für Neues und Ambiguitätstoleranz, sind aber nicht narzisstischer oder egozentrischer.
Höhere Soziosexualität (sexuelle Offenheit), weniger an romantische Exklusivität gebunden.
🔗 de Rivas et al., 2023
🔗 Polnische Studie 2024 auf ResearchGate
Gesellschaftliche Perspektiven
Verbreitung & Wandel
Rund 20 % der Nordamerikaner*innen haben Erfahrung mit CNM, ca. 5 % leben aktuell so.
Besonders häufig bei LGBTQ-Personen & jüngeren Erwachsenen.
Stigmatisierung & Vorurteile
CNM wird oft als unmoralisch, instabil oder oberflächlich wahrgenommen.
Studien zeigen sogar Dehumanisierung (z. B. geringere Zuschreibung komplexer Emotionen).
Zeichen des Wandels
APA gründete 2018 eine Taskforce zu CNM, seit 2021 fest etabliert.
Erste politische Anerkennung von Mehrpersonen-Haushalten in einigen US-Kommunen.
Dynamik innerhalb der Beziehungen
Beziehungszufriedenheit & Vertrauen
CNM-Beziehungen weisen vergleichbare oder höhere Zufriedenheit auf als monogame.
Commitment und Vertrauen sind ähnlich stark, wenn Einvernehmlichkeit gegeben ist.
Kommunikation & Konfliktlösung
CNM-Paare setzen häufiger auf offene, konstruktive Kommunikation.
Monogame Paare neigen eher zu Vermeidung oder Rückzug bei Konflikten.
Dauerhaftigkeit
Primäre polyamore Beziehungen dauern im Schnitt 8 Jahre, sekundäre etwa 4–5 Jahre.
Längste dokumentierte CNM-Beziehung: 55 Jahre.
Stabilität hängt – wie in jeder Beziehung – eher von Kommunikation, Passung & Commitment ab.
🔗 Martha Kauppi: Longevity & Intimacy Study (PDF)
Fazit
Offene & polyamore Beziehungen sind nicht automatisch problematisch oder instabil.
Vielmehr können sie bei bewusster, einvernehmlicher Gestaltung genauso erfüllend sein wie monogame.
Wichtig sind: Transparenz, klare Absprachen und gegenseitiger Respekt.